Postzeitung

Frankfurter Postzeitung

Das letzte Buch, das ich gemacht habe, bevor ich mich zehn Jahre lang ausschließlich mit dem Projekt

Zweite Enzyklopädie von Tlön beschäftigt habe, war auch das letzte Buch der FlugBlatt-Presse. Der größte Teil des Materials, das ich für die Collagen verwendet habe, waren Briefe und Briefumschläge aus über 15 Jahren FlugBlatt-Korrespondenz. Collagiert habe ich auf Originalseiten der Frankfurter Postzeitung. Der Impressumstext beschreibt das Projekt so:



Alte Zeitungen haben mich schon immer fasziniert. Waren sie für ihre Zeitgenossen noch leichtverderbliche Artikel mit kurzem Verfallsdatum, der Tagesaktualität verpflichtet, sind sie heute historische Dokumente, die mit zunehmendem Alter immer interessanter werden. In der Frankfurter Postzeitung (für dieses Projekt habe ich das 4. Quartal von 1852 verwendet) steht am 30. Dec. »Die hohe Bedeutung des Besuchs, den der Kaiser von Oesterreich so eben in Berlin abstattete, wird über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus gewürdigt.« Weil dies im Jahr 1852 geschrieben wurde, handelt es sich um Franz Joseph I., der seit vier Jahren sein Amt inne hatte und zwei Jahre später die bayrische Prinzessin Elisabeth (Sissi) geheiratet hat. Damals war das für die Drucker und Leser der Zeitung so gegenwärtig, wie für uns Heutige der Rücktritt des österreichischen Kanzlers Franz Vranitzky im Januar 1997. Geblieben ist ein 145 Jahre altes bedrucktes Stück Papier, das zu uns, je nach unseren Vorlieben und Interessen oder dem Grad unserer Geschichtskenntnisse, mehr oder weniger spricht. Diesem alten Material habe ich relativ neues hinzugefügt: Briefe und Briefumschläge aus ca. 15 Jahren FlugBlatt-Korrespondenz. Neben dem materiellen Reiz der verschiedenen Hand- und Maschinenschriften, Papiere, Stempel und Briefmarken fand ich darin kleine Geschichten wieder: Lob und Kritik, Zustimmung und Absagen, Wichtiges und Banales. In den Collagen erschließen sich die konkreten Inhalte der Briefe und auch der Zeitung natürlich nur fragmentarisch. Und sind doch wichtiger Bestandteil des Ganzen, sollen künden, zeitigen im alten Bedeutungssinn des Wortes Zeitung. So wünsche ich mir, daß der Betrachter, der sich am optischen (auch haptischen) Reiz des Materials delektiert, auch zum Leser wird [. . .]


Die Auflagenhöhe von 20 Exemplaren ergab sich aus dem mir zur Verfügung stehenden Material. Das 4. Quartal 1852 der Frankfurter Postzeitung reichte gerade für 20 Hefte. Natürlich sind alle Exemplare verschieden, sowohl was die Zeitungsseiten anbelangt als auch die Collagen. Das Material für die Collagen hatte ich am Anfang aus einer großen Menge von Briefen und Briefumschlägen grob ausgewählt. Bei der eigentlichen Collagearbeit ergaben sich aber immer wieder Veränderungen. Es war mein Anspruch, die Collagen ganz spontan zu kleben. Trotzdem sollte das Ergebnis in gewisser Weise figurativ sein, nicht nur Muster und Strukturen aus unterschiedlichen Papieren ergeben. Tatsächlich zerriss ich das Material relativ wahllos und wählte dann spontan aus den »Fetzen« mir passend erscheinende Teile für die Collagen aus. Diese Methode führte dazu, dass keine
Collage in der Auflage gleich ausfiel.

36 Seiten, Zeitungspapier mit Originalcollagen, Heft mit Titelschild, in Pappschuber, 10,5 x 29,5 cm,

20 nummerierte und signierte Exemplare. Lahnstein 1997



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